Quo vadis, Tierhaltung?

Eine naturverträgliche und tiergerechte Landwirtschaft – das sollte das Ziel einer zukunftsorientierten Agrarpolitik sein, doch davon ist NRW derzeit meilenweit entfernt. Das derzeitige System der Tierhaltung krankt an allen Ecken und Enden. Es ist auf Masse und Rationalisierung ausgelegt und eng auf Kante genäht. Ferkel werden quer durch Europa gefahren, weil die Aufzucht im Ausland ein paar Cent pro Tier günstiger ist. Gleichzeitig werden Mastschweine ebenfalls über hunderte Kilometer zu den wenigen Großschlachtereien transportiert. Auf den Tiertransporten und an Schlachthöfen werden immer wieder gravierende Tierschutzverstöße aufgedeckt. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Schlachtbetriebe hat infolge des extremen Konkurrenzdrucks in den letzten Jahren immer weiter abgenommen. Bei den Schlachthöfen hat sich daraus mittlerweile eine gefährliche Abhängigkeit von einigen wenigen Großschlachtereien entwickelt. Fällt ein solcher Großbetrieb aus, kommt es rasch zu einem „Schweinestau“ in den Mastbetrieben und damit einhergehend einer weiteren Verschlechterung der dortigen Tierschutzsituation.

Die permanente Steigerung der deutschen „Fleischproduktion“ für die Exportmärkte hat auch deutliche Folgen für die Umwelt: zu viel Gülle, die auf die Äcker ausgebracht wird und für eine anhaltend hohe Nitratbelastung des Grundwassers sorgt.  Über all dem schwebt der geringe Wert des einzelnen Tieres. Ein Tierhaltungssystem, in dem ein Kalb zehn Euro „wert“ ist, kann nur unter Missachtung von Tierschutz- und Arbeitsschutzstandards funktionieren – und ein solches System ist für Landwirt*innen eigentlich überhaupt nicht erstrebenswert. Diese verlangen zu Recht, für Verbesserungen im Bereich des Umwelt- und des Tierschutzes auch entsprechend entlohnt zu werden. Eine Abkehr von der Massenproduktion zu Niedrigpreisen für den Weltmarkt ist unumgänglich, aber es braucht deshalb auch die nötigen politische Impulse, um den Landwirt*innen Perspektiven aufzuzeigen, wie sich eine naturverträgliche und tiergerechte Landwirtschaft wirtschaftlich realisieren lässt. Entsprechende Maßnahmen müssen vom Bund und vom Land gefördert werden. Der Umbau der Tierhaltung wurde jahrelang verschleppt, die extensive Viehhaltung (Schafe, Ziegen, Mutterkühe) wartet seit langem auf eine bessere Unterstützung und auch mit Blick auf die ökologische Landwirtschaft könnte noch mehr passieren. Ein ganz wesentliches Feld ist dabei die Außer-Haus-Verpflegung. Egal, ob in Kitas oder Schulen oder in Betriebskantinen – immer mehr Menschen nehmen ihre Hauptmahlzeit gar nicht mehr zuhause ein. Das heißt, wer eine gute Ernährung und eine umweltgerechte Landwirtschaft fördern will, muss genau hier den Hebel ansetzen. Gleichzeitig muss aber auch die angebotene Qualität stimmen. Es ist daher auch Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass nachvollziehbare, gute Tierschutz- und Naturschutzstandards vorhanden sind und diese auch eingehalten werden. Gerade hier müsste noch deutlich mehr passieren und genau an dieser Stelle versagt die schwarz-gelbe Landesregierung. Damit schadet sie Landwirt*innen am Ende genauso wie den Verbraucher*innen, die sich zu Recht ärgern, dass hier nichts passiert.

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