Entscheidung des Bundesrats für Gruppenhaltung von Schweinen ist wegweisend
Das lange Ringen um den Ausstieg aus der Kastenstandhaltung hin zur Gruppenhaltung hat sich gelohnt. Der gefundene Kompromiss von Bund und Ländern ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Tierwohl und zu mehr Planungssicherheit für die Schweinehalter*innen. Er leitet den dringend benötigten Systemwechsel hin zu einer artgerechten Haltungsform ein.
Die Grünen Agrarpolitischen Sprecher begrüßen daher die Entscheidung des Bundesrates,
nach der ab sofort eine Verbesserung der Haltung von Zuchtsauen und die Gruppenhaltung
im Deckzentrum nach einer Übergangsfrist von acht Jahren umzusetzen ist. Diese gilt es
nun konsequent zu verfolgen und mit weiteren Maßnahmen konstruktiv zu ergänzen.
Der Kompromiss beinhaltet aus Sicht der agrarpolitischen Sprecher auch einige
Herausforderungen, Schwierigkeiten und einen Fehler: Die geforderten 5 Quadratmeter pro
Sau im Deckzentrum übersteigen die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung und sind
besonders für kleinere und mittlere Betriebe, die sich auf den Weg gemacht haben, eine
zusätzliche Hürde bei der Anpassung. Diese Anforderung sollte im Zeitlauf der
Übergangsfrist noch einmal tier- und praxisgerecht angepasst werden.
Norwich Rüße MdL: „Heute wurde ein wichtiger Grundstein für eine tiergerechtere
Sauenhaltung in Deutschland gelegt. Gleichzeitig ist damit der Startschuss für den
notwendigen Umbau der Nutztierhaltung gelungen. Dabei werden die Bäuerinnen und
Bauern nicht alleine gelassen. Für sie bedeutet die Entscheidung des Bundesrates
Planungssicherheit für die nächsten Jahre und sie können den Schritt hin zu tiergerechteren
Ställen wagen.“
Bernd Voß MdL: „Damit die Sauenhalter*innen auch die damit verbundene Innovationslast
stemmen können, muss das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nun
praxisgerechte Fördermaßnahmen in Kraft setzen. Planungsfristen und behördliche
Vorschriften machen dabei Förderprogramme über das Jahr 2021 hinaus erforderlich. Dafür
ist auf Basis der Ergebnisse des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung ein eigenständiges
rechtssicheres Finanzierungsinstrument mit Lenkungsfunktion zu etablieren. Die 300
Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm sollten dafür ein Grundstock sein und dürfen
nicht ohne Konzept als Strohfeuer verbrannt werden.“
Martin Hahn MdL: „Die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung bieten eine
hervorragende Grundlage, die es nun weiterzuentwickeln gilt, um gemeinsam mit den
Bäuerinnen und Bauern den Weg hin zu einer umwelt-, klima- und tiergerechten Tierhaltung
zu gehen. Mit der Entscheidung des Bundesrates sollte nun eine verpflichtende
Haltungskennzeichnung von Fleisch nach dem seit fast 20 Jahren bekannten Vorbild der
Eier-Kennzeichnung folgen. Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein für eine dynamische
Umsetzung des Umbaus der Tierhaltung.“
Friedrich Ostendorff MdB: „Der Kompromiss ist ein wichtiger Schritt nach vorne – für die
Tiere und für die Schweinehalter*innen. Der Systemwechsel hin zu einer artgerechten
Haltungsform ist eingeleitet und muss jetzt mit aller Kraft umgesetzt werden. Nach
jahrelanger Blockade von CDU/CSU, SPD und Bauernverband ist es gelungen, einen
großen Schritt in Richtung einer tiergerechteren Schweinehaltung zu machen. Schweine
müssen in Zukunft fast ausschließlich in der Gruppe gehalten werden. Der Kastenstand hat
in Deutschland keine Zukunft mehr. Darüber hinaus ist es nun erforderlich, baurechtliche und
immissionsschutzrechtliche Fragen zu klären und Außenklimaställe zu ermöglichen.
Vorschriften zu erlassen ist das eine, deren Genehmigungsfähigkeit für die betroffenen
Betriebe zu gewährleisten das andere. Hier ist die Bundesregierung jetzt am Zug, den
Umbau für die Bäuerinnen und Bauern zu ermöglichen.“
Die Grünen Agrarpolitischen Sprecher fordern von der Bundesregierung ein
Planungsbeschleunigungsgesetz Tierwohl, das die Interessen des Tierwohls im Bau- und
Planungsrecht, dem Naturschutz- und Immissionsschutzgesetz sowie dem
Umweltverfahrensrecht gebührend berücksichtigt. Dabei wird es teilweise auch zu
Abstockungen in sehr viehintensiven Regionen kommen müssen.
In einem nächsten Schritt gilt es nun, den Abferkelbereich konsequent tiergerecht zu
gestalten. Dazu sind praktische Erfahrungen zum freien Abferkeln aus anderen EU-Staaten
und Norwegen auszuwerten und bei der Rechtsetzung zu berücksichtigen. Auch hier
brauchen Sauenbetriebe in unseren Regionen Rechtssicherheit und eine wirtschaftliche
tragfähige Basis.