Heute vor einem halben Jahr folgte Ursula Heinen-Esser als Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz auf Christina Schulze Föcking. Da sie als ehemalige Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und Geschäftsführerin der Bundesgesellschaft für Endlagerung viel Erfahrung mitbrachte, war die Hoffnung groß, dass sie politisch schnell Akzente setzen würde. Sechs Monate später ist davon jedoch wenig zu erkennen.
Als Ursula Heinen-Esser das Ministerium übernahm, standen aufgrund ihrer in Skandale verstrickten Vorgängerin zwei Themen besonders im Fokus: der Tierschutz, insbesondere in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, und die Bekämpfung von Umweltkriminalität.
Die Diskussion um die Abschaffung der Stabsstelle Umweltkriminalität hatte dazu beigetragen, dass ihre Vorgängerin ihr Amt aufgeben musste – auch weil sie kein glaubhaftes neues Konzept zur Bekämpfung der Umweltkriminalität vorlegte. Daher war die Hoffnung groß, dass mit der neuen Ministerin die Bekämpfung von Umweltkriminalität an Bedeutung gewinnen würde. Doch das erhoffte Konzept fehlt bis heute.
Beim BP-Skandal fehlt die klare Kante
Im aktuellen Skandal um illegal entsorgte Ruß-Öl-Pellets der Firma BP – einem der vermeintlich größten Umweltskandale unseres Landes – zeigt die Umweltministerin keine Ambitionen, den Konzern rechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Dabei geht es zum einen um die illegale Verbringung der hochgradig giftigen Pellets in eine dafür ungeeignete ehemalige Tongrube in Hünxe und zum anderen um die Mitverbrennung des krebserregenden Materials im Kohlekraftwerk Scholven. Nun sollen die laufenden Genehmigungsverfahren einer Überprüfung unterzogen werden. Das ist viel zu wenig. Die Landesregierung müsste den kriminelle Machenschaften zu Lasten von Umwelt und Gesundheit Einhalt gebieten – und das Ministerium die Ermittlungsbehörden darin unterstützen, Strafanzeige gegen die Übeltäter zu erheben. Es fehlt also genau das, was die ehemalige Stabsstelle 14 Jahre lang getan hat.
Genauso fehlt die Stabsstelle auch beim Tierschutz, denn sie arbeitete insbesondere bei Fällen zur Verletzungen des Greifvogelschutzes sowie zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung mit Ermittlungsbehörden zusammen. Dass die Ministerin bis heute keine konzeptionelle Neuaufstellung in diesem Bereich vorantreibt, ist so überraschend wie enttäuschend.
Der Tierschutz gerät unter die Räder
Auch an anderer Stelle gerät der Tierschutz bei Heinen-Esser wie schon bei ihrer Vorgängerin unter die Räder. Statt bei der Jagdgesetznovelle die unterschiedlichen Interessen des Naturschutzes, des Tierschutzes und der Jagd miteinander zu versöhnen, strich die Landesregierung sämtliche Anforderungen an eine nachhaltige und naturverträgliche Jagd. Die Jagd wird so wieder zum reinen Selbstzweck, ohne echte Funktion für Natur und Umwelt. Mit ihrem Gesetz fallen die Ministerin ihre Politik und das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen wieder zurück ins 20. Jahrhundert. Dieses Gesetz ist ein geradezu abstoßendes Beispiel für Klientelpolitik, denn einzig der Landesjagdverband profitiert.
Nun droht beim Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände der nächste herbe Rückschritt, denn die Regierung will es einfach auslaufen lassen. Eine Verlängerung des Gesetzes wäre allein schon mit Blick auf die fünf bei Gericht anhängigen Verfahren unerlässlich, da diese sonst verfallen. Auch die Erfahrungen der letzten fünf Jahre haben gezeigt, dass die Einbindung der Tierschutzverbände über das Verbandsklagerecht den Tierschutz im Land deutlich gestärkt hat. Gerade weil die Tierschutzverbände sehr verantwortungsbewusst mit ihren Möglichkeiten umgegangen sind, ist das Auslaufenlassen ein tierschutzpolitischer Offenbarungseid dieser Landesregierung. Auch mit der Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration oder der laschen Ausgestaltung des Düngerechts folgt Heinen-Esser den Irrwegen ihrer Vorgängerin.
Hoffnung auf Besserung bleibt bestehen
Unbestritten ist allerdings der Eindruck, dass sich die neue Ministerin den vielen Herausforderungen in ihrem Bereich stellen möchte. Sie scheint dazu bereit, mit den herrschenden Ansichten der eigenen Fraktion zu brechen. So hat sie erst kürzlich offen eingeräumt, dass ein grundsätzlicher Reformbedarf in der Nutztierhaltung besteht. So ein Bekenntnis aus den Reihen der CDU zu vernehmen, ist ein Novum. Wir geben daher die Hoffnung nicht auf, dass Heinen-Essers oft ausgewogenen Worten doch noch Taten folgen werden.