In der Tat reisst auch bei mir als Biobauer langsam der Geduldsfaden („Langsam reisst der Geduldsfaden“, Kommentar von Jost Maurin, taz, 09.02.2016). Weil ich nämlich infolge der diversen Bio-Skandale und -Skandälchen in den letzten Jahren immer engere und immer intensivere Kontrollen mit immer mehr Schreibkram erleben durfte. Trotzdem hat sich anscheinend nicht viel verbessert. Wie wäre es also einfach mal, wenn stattdessen die wirklichen Ursachen in Angriff genommen würden? Jeder weiß, dass Bioware ungefähr in der Reihenfolge vertrauenswürdig ist: Deutschland/Österreich – Frankreich – Italien/Griechenland – Rumänien – China. Möglicherweise ist das auch die abnehmende Reihenfolge von Ökolandbau aus Überzeugung hin zu reiner Geschäftemacherei. Jedenfalls wissen wir ziemlich genau, wo mit häufigen und effektiven Kontrollen anzusetzen wäre bzw. aus welchen Ländern man vielleicht auch gar keine Bio-Rohstoffe beziehen sollte.Gleichzeitig plädiere ich auch dafür, Bio-Landwirtschaft realistisch zu sehen. Mancher Konsument neigt dazu, zu glauben, dass Bio-Landwirtschaft ohne Traktoren, ohne Maschinen, ohne Mist und Gülle, ohne Soja und ohne Tierarzt funktioniert. Dem ist aber nicht so. Selbstverständlich behandele auch ich zum Beispiel meine Tiere im Notfall mit Antibiotika. Allerdings immer im Einzelfall und selbst das kommt eher selten vor. Ich erwarte aber von den Anbauverbänden, dass Biotiere, die ausnahmsweise mit im Biobereich nicht erlaubten Antibiotika behandelt wurden (weil sie für den Heilerfolg notwendig waren) nicht mehr als Biotiere vermarktet werden können.
Ich erwarte übrigens auch, dass Biobetriebe im vollen Umfang ökologisch wirtschaften und zwar mit allen Ställen und allen Acker- und Grünlandflächen. Ich erwarte, dass Bioverbände keine Mitglieder aufnehmen, die offensichtlich nur Abspaltungen von Großbetrieben sind und wo es nur darum geht, auch diesen Markt irgendwie zu bedienen.
Und schließlich erwarte ich auch, dass Bioverbände sich zu Größenordnungen klar positionieren, weil der ökologische Landbau die Perspektive für die bäuerliche Landwirtschaft sein sollte.
Ps: Das oben zu den Öko-Kontrollen geschriebene gilt in sehr ähnlicher Weise auch für die Kontrollen der konventionellen Landwirtschaft bzw. die CC-Kontrollen im Rahmen der EU-Agrarförderung. Kleinlichste Regelungen und penibelste „Zentimeter-Kontrollen“ treiben jedem(!) Bauern die Zornesröte in’s Gesicht und lassen an deren Sinnhaftigkeit zu Recht zweifeln. Wirkliche Umweltsauereien verhindert diese Kontrollen nämlich ganz offensichtlich nicht (siehe die aktuellen, massiven Gewässerverschmutzungen im Kreis Borken). Genau darin und im Erhalt einer vielfältigen, tiergerechten Landwirtschaft müsste aber das Ziel der Kontrollen liegen und nicht darin, ob hier 150 Quadratmeter zu viel und dort 200 Quadratmeter zu wenig beantragt worden sind.