Nachdem alles Schlechtreden in den letzten Jahren nichts genutzt hat und die Demonstration „Wir haben es satt!“ regelmäßig zur Grünen Woche in Berlin mehrere Zehntausende Menschen auf die Straße bringt, die sich gegen Massentierhaltung und für eine bäuerliche Landwirtschaft aussprechen, war das zu erwarten.
Erstmals soll es eine Gegendemonstration geben, die – wie einfallsreich – unter dem Motto „Wir machen Euch satt“ stattfinden soll.
Das gewählte Motto ist allerdings nur auf den ersten Blick sinnhaft. In Wirklichkeit verzerrt es aber komplett die Realität und eigentlich auch den agrarpolitischen Anspruch des Bauernverbandes.
Denn der tönt seit Jahren, dass die deutsche Landwirtschaft nicht „Euch“, sondern die ganze Welt mit Produkten aus der Tierhaltung beglücken will. „Wir ernähren die Welt“ – das ist doch das Motto der intensiven Landwirtschaft. Und genauso ist es mittlerweile – Fleisch und Molkereiprodukte aus Deutschland werden nach China, Russland und – derzeit aktuelle Renner – nach Nigeria verkauft.
Die Kehrseite der Medaille wird natürlich nicht erwähnt. Die Ankurbelung der Viehhaltung in den Hotspots der Intensivlandwirtschaft in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist die Hauptursache dafür, dass die Nitratwerte auf einem deutlich zu hohen Niveau verharren und so eine Verschmutzung unseres wichtigsten Lebensmittels – dem Wasser – droht.
Und gleichzeitig stößt die Haltung der Tiere in den Intensivmastställen auf eine so deutliche gesellschaftliche Ablehnung, dass die landwirtschaftliche Praxis und die Erwartungen der Menschen immer weiter auseinanderdriften.
„Wir machen Euch satt“ ist insofern also das falsche Motto, weil die heimischen Verbraucherinnen und Verbraucher gar nicht mehr im Mittelpunkt der Produktionsausrichtung stehen. Nein, es geht darum, möglichst viel an Masse möglichst billig zu produzieren. Wer auf dem Globus die Erzeugnisse dann kauft, ist bei diesem internationalen Fleischroulette vollkommen egal geworden. Aber billig muss es sein – und das geht am besten, wenn Umwelt- und Tierhaltungsstandards niedrig sind.
Da hilft auch kein Verweis auf andere Länder, wo die Standards noch niedriger sind. Die in Deutschland geltenden Standards sind entlang der gesellschaftlichen Erwartungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse zu setzen und eben nicht entlang der Wunschliste einer Fleischexportindustrie.
Zu guter Letzt: Das Motto „Wir machen Euch satt“ trifft es auch schon deshalb nicht, weil die deutsche Landwirtschaft genau das überhaupt nicht mehr kann. Insbesondere gilt das für die Regionen, in denen die Viehhaltung beängstigende Ausmaße angenommen hat. Es wäre doch eine reichlich einseitige Ernährung, die man da zu sich nehmen müsste, um satt zu werden.
Insofern ist die geplante Gegendemonstration ein Fehler und zeugt zugleich davon, dass man sich weiter in seiner Wagenburg getreu dem Motto „Wir haben recht und alle anderen sind doof!“ einmauern will.
Die notwendige Anschlussfähigkeit an die gesellschaftliche Diskussion über landwirtschaftliche Tierhaltung erreicht man so allerdings nicht!