Immerhin: der Fleischbranche gelungen, mit der Ankündigung, für mehr Tierwohl in Deutschlands Ställen zu sorgen, in die Presse zu kommen. Und das, obwohl noch niemand weiß, welches Mehr an Tierschutz dadurch überhaupt kommen wird. Derzeit wird immer vom zwei- oder dreistelligen Millionenbetrag gesprochen, den die Fleischbranche angeblich zur Verfügung stellen will, um damit den Bauern den Mehraufwand zu bezahlen. Klingt im ersten Moment viel – ist es aber wohl eher nicht.Denn die im Raum stehenden 100 Mio. € (200 Mio. € waren ursprünglich mal geplant) entsprechen lediglich einem Siebendreißighunderstel(!) des Gesamtumsatzes der Fleischindustrie. Jedenfalls dem Umsatz, den die Branche 2011 gemacht hat: 37,6 Milliarden Euro. Das ist aber nur der Umsatz der Schlachtunternehmen und der Fleischverarbeiter. Der Handel verdient ebenfalls noch kräftig mit dem Fleischverkauf und soll die Kosten mittragen.Spannend ist, dass die Initiative Tierwohl auf keinen Fall zu höheren Preisen bei Fleisch führen soll. Wie kann das gehen? Entweder verzichten Handel und Fleischbranche auf Gewinn, was kaum vorstellbar erscheint. Oder aber es funktioniert genauso, wie es bei der Einführung des QS-Systems schon einmal funktioniert hat. Den Bauern werden zunächst höhere Erlöse versprochen, am Ende tritt aber genau das nicht ein – nur der Aufwand für das Kontrollsystem wird auch noch auf die Landwirte abgewälzt.Diskutiert werden laut FAZ derzeit Preisaufschläge von 0,20 bis 8,00 Euro pro Mastschwein für die Einhaltung bestimmter Kriterien. Wer wenig umsetzt, bekommt nur einen geringen Aufschlag, wer besonders viel Tierwohl umsetzt, bekommt maximal acht Euro mehr.Auber was ist ein Aufschlag von acht Euro in der Schweinemast wert? Ein Schwein wird geschlachtet, wenn es ca. 95 kg Schlachtgewicht erreicht. Die acht Euro sind also auf diese 95 kg zu verteilen. Rechnerisch bekommt der Landwirt also maximal 8,42 Ct. mehr pro kg. Lohnt sich das? Der Auszahlungspreis liegt etwa bei 1,60-1,70 €/kg. Maximal gut acht Cent mehr erscheinen nicht besonders viel, zumal dafür vermutlich maximale Leistungen verlangt werden: deutlich mehr Platz, gewisse Einstreu usw.Allein das geplante Mehr an Platz für die Tiere – im Gespräch sind 40 % (d.h. dann statt 0,75 qm pro Mastschwein 1,05 qm – verteuert die Produktion. Die Kosten für Gebäude und Stalleinrichtung schlagen mit ca. 15 € pro Schwein zu Buche (bei 10-jähriger Abschreibung). Erhöht sich das Platzangebot, können natürlich weniger Schweine gemästet werden und der einzelne Stallplatz wird entsprechend teurer. 40 Prozent mehr Platz führt dazu, dass die Kosten für den Stallplatz von 15 € auf ca. 21 € pro Mastschwein ansteigen. Damit wären von den maximal acht Euro Zuschlag schon sechs Euro durch die höheren Produktionskosten aufgebraucht.Nimmt man nun noch an, dass pro erzeugtem Mastschwein ein ungefährer Gewinn von 10 Euro erwirtschaftet wird, dann passiert auch an dieser Stelle noch etwas: Ein Betrieb, der bislang 1.000 Mastschweine hält, kann pro Jahr 2.500 Schweine verkaufen und erzielt dadurch einen Gewinn von 25.000 Euro. Weil er aber seinen Schweinen nun 40 Prozent mehr Platz anbieten muss, kann er auch nur noch 1.785 Mastschweine pro Jahr verkaufen. Bei weiterhin 10 Euro Gewinn pro Schwein sinkt der Jahresgewinn auf 17.850 Euro ab, der Betrieb verliert also 7.250 Euro. Liegt der Gewinn pro Mastschwein höher, steigt dieser Verlust an – bei 15 Euro sind es jährlich bereits 10.725 Euro!Soll dieser Verlust ausgeglichen werden, müsste der Gewinn pro Schwein von 20 € auf 28 Euro ansteigen. Allein dieser notwendige Gewinnausgleich zeigt aus meiner Sicht, dass der hier vorgeschlagene Weg nicht funktionieren kann. Der in Aussicht gestellte maximale Mehrerlös von acht Euro würde nur durch den entgangenen Gewinn aufgrund eines höheren Platzangebotes „aufgefressen“ werden!
Fazit: Wer wirklich mehr Tierwohl und gleichzeitig für die Bauern vernünftige Einkommen erreichen will, der kommt an einer Erhöhung des Fleischpreises mit Sicherheit nicht vorbei. Denn Qualität hat ihren Preis und der entstehende Mehraufwand muss auch ehrlich bezahlt werden. Alles andere ist Augenwischerei und schadet entweder den beteiligten Bauern oder bringt nichts für den Tierschutz!
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