Aus technischen Gründen veröffentliche ich hier meine Rede vorerst nur in schriftlicher Form.
Viel Spaß beim lesen:
Frau Präsidentin/Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die älteste Frage politischer Prozesse ist: Wem nützt eine Entscheidung? Und wenn wir jetzt über Gentechnik diskutieren, müssen wir uns fragen: Wem nützt eigentlich die grüne Gentechnik?
Gentechnisch veränderte Pflanzen sind für eine Landwirtschaft gemacht, deren Vorbild die industrielle Produktion ist.
Also für eine Produktion die einzig in großen Maßstäben denkt.
Und für eine Produktion, die natürliche Grenzen nicht will und die die Schöpfung eben nicht mehr akzeptiert.
Natürlich: Auf den ersten Blick scheint Gentechnik eine höhere Effizienz zu bringen und die Gentech-Industrie und manche Politiker werden ja auch nicht müde, die Vorteile der Agro-Gentechnik anzupreisen: Steigerung der Erträge, weniger Chemie auf dem Acker, Bekämpfung des Hungers in der Dritten Welt, ja, sogar die Schaffung von Arbeitsplätzen wird versprochen.
Doch all diese vollmundigen Versprechen haben sich bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil:
Die meisten Untersuchungen belegen, dass der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln in Gentech-Kulturen nicht sinkt, sondern ansteigt. Damit ist das Argument, Gentechnik könne dem Umweltschutz dienen, eindeutig widerlegt!
Auch die Erträge steigen kaum, bei Gentech-Soja fielen sie sogar ab!
Und nun zum Totschlagargument schlechthin – dem Hunger in der sogenannten Dritten Welt. Auch hier ist Gentechnik nicht der Schlüssel zum Erfolg! Denn alle bisher gentechnisch veränderten Pflanzen sind für die Märkte der ersten Welt gemacht, weil sich dort das Geld verdienen lässt, und eben nicht für die Hungernden auf der Welt!
Aber lassen sie uns jetzt wieder vom ungerechten, globalen Tisch zurückkehren und auf die Teller hier in NRW blicken.
Es geht nämlich auch darum zu schauen, was die Menschen hier in NRW essen wollen und was nicht!
Und da gibt es eine ganz klare Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger hier in NRW, die keine Gentechnik auf ihren Tellern haben wollen.
70 Prozent der Menschen hier wollen keine grüne Gentechnik! Und die gesundheitlichen Bedenken, die die Menschen hinsichtlich der Agrogentechnik haben, sind berechtigt, sie wurden nie aus dem Weg geräumt!
Auf zwei besondere Argumente möchte ich hier auch noch kurz eingehen: Immer wieder wird uns entgegengehalten, dass es zu Futtermittelknappheit kommt, wenn wir die Zügel bei der Gentechnik nicht lockern.
Dabei geht es ja in erster Linie um Importsoja. Dieses Argument pro Gentechnik ist aber genau hier ausgemachter Blödsinn! Zum einen ist genügend GVO-freies Soja am Markt, das nur entsprechend nachgefragt werden müsste. Und gerade in Brasilien hat sich im letzten Jahr der Trend umgekehrt und der Anbau von GVO-Soja ist dort wieder rückläufig.
Zum anderen zeigt dieses Argument aber auch ein grundsätzliches Problem auf: Das wir nämlich in Europa kaum noch heimischer Eiweißpflanzen anbauen. Wenn eine gentechnikfreie Region das Bewusstsein für regionale Produkte und Kreisläufe wieder schärft und auch den Anbau von Erbsen, Lupinen, Klee und Ackerbohnen befördert, dann sind wir ein erhebliches Stück weiter!
Und dann das Argument, es sei doch überall schon Gentechnik drin und in der Medizin auch gang und gäbe! Genau richtig: nur kann das doch im Umkehrschluss nicht heißen, dass wir so die grüne Gentechnik begründen! Es ist geradezu fahrlässig, wie hier immer wieder die wichtigen Unterschiede zwischen der weißen, der roten und der grünen Gentechnik nivelliert werden. Die beiden erstgenannten sind Laborprozesse, die grüne Gentechnik vollzieht sich dagegen in der freien Natur – mit allen Risiken die damit verbunden sind!
Deshalb ist es im übrigen auch so wichtig, dass unser Antrag ein klares Bekenntnis zur Nulltoleranz beim Saatgut ausspricht, denn wir wollen auch keine schleichende GVO-Verschmutzung unserer Natur!
Meine Damen und Herren,
wir setzen mit unserem Antrag auf eine Region, die Klasse statt Masse produziert, und wir setzen auf eine Landwirtschaft, die für die Märkte vor der heimischen Haustür produziert!
Das kann dann auch der ökologische Landbau sein, aber eben nicht nur! Gentechnikfreiheit gibt allen Bäuerinnen und Bauern neue Chancen am Nahrungsmittelmarkt!
Ein sehr gutes Beispiel, wie man Regionalität und Gentechnikfreiheit als Markenzeichen setzen kann, ist für uns die „Faire Milch“.
Hier produzieren Bauern Milch für den heimischen Markt und setzen dabei ganz bewusst bei den Qualitätsmerkmalen darauf, dass das Futter ihrer Milchkühe GVO-frei ist. Für uns ein kleines Beispiel dafür, wie man das große Vermarktungspotenzial GVO-freier Nahrungsmittel gezielt nutzen kann!
Die „Faire Milch“ wird von Bauern produziert, die nicht ökologisch sind. Frau Schulze-Föcking, Herr Deppe fragen Sie doch einmal diese Bauern, ob sie sich als „Nicht-Bios“ ausreichend vom NRW-Umweltministerium untersützt gefühlt haben!
Dieses Beispiel zeigt, wir wollen einer anderen, einer umweltgerechten Landwirtschaft den Weg ebnen. Ihr Weg dagegen war Massenproduktion um jeden Preis – auch um den Preis der Gentechnikfreiheit – zu fördern.
Wir sind jedenfalls sehr erleichtert, dass Nordrhein-Westfalen mit diesem Antrag dem Europäischen Netzwerk der Gentechnikfreien Regionen beitritt. Das ist neben dem Beitritt Thüringens ein weiteres deutliches Zeichen in Richtung Europaparlament und spiegelt den Willen der meisten Bürgerinnen und Bürger wieder.
Auch deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen!
Vielen Dank!
(Es gilt das gesprochene Wort)